Eine Auswirkung des FISG
ǀ Seit dem 1. Januar 2022 ist die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung e. V. (DPR) nicht mehr als Prüfstelle für Rechnungslegung gemäß § 342b HGB tätig. Die Streichung dieses Paragrafen ist eine der Auswirkungen des neuen Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetzes (FISG), das als Reaktion auf den Fall Wirecard von Bundestag und Bundesrat im Juni 2021 verabschiedet wurde. Damit wurde das System der Bilanzkontrolle in Deutschland zum Jahreswechsel von einem zweistufigen auf ein einstufiges Enforcement-Verfahren umgestellt.
Seit 2005 hatte die privatrechtlich organisierte DPR die erste Stufe der Bilanzkontrolle kapitalmarktorientierter Unternehmen, nämlich Anlass- und Stichprobenprüfungen, übernommen. Die zweite Stufe, ein Einschreiten durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), fand bislang nur dann statt, wenn ein Unternehmen nicht freiwillig mitwirkte, mit dem Prüfungsergebnis nicht einverstanden war oder wenn die BaFin das Ergebnis bzw. die Durchführung der Prüfung erheblich anzweifelte.
Seit Jahresbeginn 2022 trägt die BaFin nun die alleinige Verantwortung.
Das neue Verfahren
Während bei dem neuen Verfahren auch einiges gleich bleibt (unveränderter Adressatenkreis; Differenzierung in Anlass- und Stichprobenprüfungen; teilweise sogar gleichbleibendes zuständiges Prüfungspersonal, weil die BaFin die Beschäftigten der DPR größtenteils übernimmt), sind unter anderem folgende Änderungen zu erwarten:
- Die BaFin kann die Prüfungsanordnung, wesentliche Verfahrensschritte und im Laufe des Verfahrens gewonnene Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Rechnungslegung unter Nennung des betroffenen Unternehmens durch Publikation auf ihrer Website bekannt machen, wenn die Informationen von öffentlichem Interesse sind. Wurde eine Prüfung bekannt gemacht, wird das Ergebnis auch dann geteilt, wenn keine Fehler gefunden wurden.
- Der Prüfungsgegenstand unterscheidet sich künftig je nach Prüfungsart: Neu bei der Anlassprüfung ist, dass die BaFin bis zu zwei vorausgehende Berichtsperioden zur Prüfung heranziehen kann. Diese Erweiterung gilt nicht bei Stichprobenprüfungen.
- Die BaFin kann anordnen, wie ein von ihr festgestellter Fehler zu korrigieren ist.
- Künftig kann die BaFin sich mit anderen Behörden und Ministerien abstimmen und austauschen. Übliche Verschwiegenheits– und Geheimhaltungspflichten werden aufgehoben (§ 109a WpHG).
Handlungsbedarf
Betroffene Unternehmen sollten sich auf veränderte Abläufe im Enforcement-Verfahren und erweiterte Befugnisse der BaFin einstellen.
Veröffentlicht in Allgemein, Campus4Business, Wirtschaftsprüfung