Rat der EU: Neue Vorschriften für Crowdfunding-Plattformen

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Hintergrund:

Als Crowdfunding oder auch Schwarmfinanzierung bezeichnet man eine neue Finanzierungsform, bei der über das Internet eine direkte Verbindung zwischen Geldgebern und denen, die Finanzmittel für ein bestimmtes Projekt, Produkt oder eine Geschäftsidee benötigen, hergestellt wird. Die Finanzierung erfolgt durch eine Vielzahl an kleinen Summen überzeugter Geldgeber, dem sogenannten „Schwarm“.

Demgegenüber sind Bankkredite für Start-ups oder andere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) oft teuer oder nur schwer zu erhalten, da Bonitätsnachweise oder solide Sicherheiten fehlen – vor allem, wenn sich das Unternehmen noch im Aufbau befindet.

Als Teil des FinTech-Aktionplans ist die Schaffung einer Verordnung zur Regelung schwarmfinanzierter Projekte Bestandteil der Aktivitäten der Europäischen Kommission zur Schaffung einer Kapitalmarktunion. Die Annahme des Wortlauts der Verordnung durch das EU-Parlament in zweiter Lesung wird nach der Standpunktmitteilung der EU-Kommission vom 20. Juli 2020 erfolgen und dient auch dem Zweck, einer schnellen Erholung der EU-Wirtschaft von der Corona-bedingten Wirtschafts- und Gesundheitskrise entgegenzuwirken.


EU-weite Vereinheitlichung der Mindestanforderungen:

Um die Funktionsweise von Crowdfunding-Plattformen in der EU zu vereinheitlichen und zu verbessern, hat der Rat der Europäischen Union nun neue Vorschriften verabschiedet (Erlass einer Verordnung sowie Änderungen der Verordnung (EU) 2017/1129 sowie der Richtlinien (EU) 2019/1937 und 2014/65/EU (Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente: MiFID)).

Grundsätzlich sieht die Verordnung vor, dass grenzüberschreitende Aktivitäten von Crowdfunding-Dienstleistern ermöglicht, vereinheitlicht und Risiken angemessen ‚angegangen‘ werden, indem Folgendes definiert wird:

  • Regeln zur Offenlegung von Informationen für Projekteigentümer und Crowdfunding-Plattformen
  • Regeln für Governance und Risikomanagement
  • Zuständigkeit der Aufsicht(en)

Hindernisse für Crowdfunding-Plattformen, die ihre Dienstleistungen grenzüberschreitend erbringen (wollen), werden beseitigt, indem die Mindestanforderungen für alle EU-Märkte vereinheitlicht werden. Die neuen Vorschriften gelten für Crowdfunding-Kampagnen in Höhe von bis zu 5 Mio. EUR über einen Zeitraum von zwölf Monaten. EU-Staaten, in denen bisher eine Prospektschwelle von unter 5 Mio. EUR galt, haben eine 24-monatige Ausnahmeregelung. Größere Beschaffungsaktionen werden in der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und in der Prospektverordnung geregelt. Spenden und aus Gegenleistungen bestehende „Finanzierungen“ stellen keine Finanzdienstleistung dar und werden daher von den Vorschriften nicht erfasst.

Durch die gemeinsamen, neuen Vorschriften soll die Rechtssicherheit für den Anlegerschutz erhöht werden, wobei die Befolgungskosten für die Crowdfunding-Dienstleister berücksichtigt werden: Sie enthalten gemeinsame Aufsichts-, Informations- und Transparenzanforderungen sowie spezifische Anforderungen an unkundige Anleger.

Für die Zulassung und Aufsicht über die Crowdfunding-Dienstleister werden die jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörden zuständig sein. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) wird für die Aufgaben zur Vorbereitung von Durchführungsmaßnahmen (Koordinierung), für verbindliche Streitschlichtungsmechanismen, die Datenerfassung und die Entwicklung technischer Standards eine wichtige Rolle spielen.

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