Hintergrund:
Das erst im Juni 2017 geänderte Geldwäschegesetz (GwG) erfährt zum Jahreswechsel erneut Änderungen, die für den Empfängerkreis beachtliche Auswirkungen auf die internen und kundenorientierten Prozesse haben. Von neuen GwG-Verpflichteten, niedrigeren Bargeldgrenzen über weitere Meldepflichten bis hin zu neuen oder verschärften Bußgeldtatbeständen ist (fast) alles dabei. Der Regierungsentwurf, auf dem dieser Artikel beruht, stammt vom 29. Juli 2019.
Der Regierungsentwurf vom 29. Juli 2019 wurde mit empfohlenen Änderungen des Finanzausschusses am 29. November auch vom Bundesrat gebilligt. Das aktualisierte Geldwäschegesetz tritt zum 1. Januar 2020 in Kraft. Dabei hat die Umsetzung grundsätzlich bis zum 10. Januar 2020 zu erfolgen, im Zusammenhang mit dem Transparenzregister teilweise erst bis zum Jahr 2021. Außerdem gilt es, die erste Nationale Risikoanalyse, die Mitte Oktober 2019 veröffentlicht wurde, bei der eigenen Risikoanalyse zu berücksichtigen.
Wichtige Neuerungen im GwG:
- Neue Verpflichtete (§ 2 GwG): Hierzu gehören aufgrund der Änderungen des KWG (§ 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 7 KWG) Dienstleister im Bereich der Krypto-Währungen (Umtauschbörsen und Wallet-Provider), E-Geld-Institute im Europäischen Wirtschaftsraum mit (E-Geld-)Agenten im Inland sowie Immobilienmakler, welche die Vermietung/Verpachtung von Grundstücken/Wohnungen/Häusern ab 10 TEUR monatlich vermitteln. Sie alle müssen nun eine Risikoanalyse vorhalten und ihre Kunden identifizieren. Neu für Güterhändler ist, dass Edelmetallhändler bereits ab einem Bargeldwert von 2 TEUR ihre Kunden identifizieren müssen.
- Verstärkte Sorgfaltspflichten bestehen nun bereits bei der Beteiligung (Geschäftsbeziehung oder Transaktionen) eines Drittstaats mit erhöhtem Risiko. Ein nicht abschließender Maßnahmenkatalog ist bei der Risikoanalyse und den internen Sicherungsmaßnahmen zu berücksichtigen.
- Die gruppenweiten Verpflichtungen für die Muttergesellschaft beziehen sich nun auch auf eine gruppenweite Analyse und damit ebenfalls auf Sicherungsmaßnahmen für Zweigstellen im EU-Ausland oder in Drittländern, soweit dies mit den dortigen Gesetzen vereinbar ist (§ 9 GwG-neu). Gleiches gilt für ausländische Muttergesellschaften, die GwG-verpflichtete Tochtergesellschaften in Deutschland haben. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs gilt dies – entgegen dem Wortlaut – auch für Muttergesellschaften, die selbst nicht Verpflichtete sind. Zudem gelten Zwischenholdings nicht mehr als Mutterunternehmen ihnen nachgeordneter Unternehmen, sodass die Aufsichtspraxis der BaFin (vgl. auch die Auslegungs- und Anwendungshinweise – AuA) in das Gesetz überführt wird.
- Quasi öffentliches Transparenzregister und Eintragungspflicht: Zwar kann weiterhin nur Einsicht nehmen, wer sich zuvor online registriert hat, zugänglich sind aber dann für jedermann Name, Geburtsjahr und -monat, Wohnsitzland und Staatsangehörigkeit des wirtschaftlich Berechtigten sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses. Nur für Trusts und ähnliche Vereinigungen gilt eine Ausnahme. Eine Zugangssperre ist auf Antrag des wirtschaftlich Berechtigten weiterhin möglich bei Minderjährigen, Geschäftsunfähigen und erhöhtem Risiko bei Opfern von Betrug, erpresserischem Menschenraub, Geiselnahme, (räuberischer) Erpressung oder strafbaren Handlungen gegen Leib oder Leben sowie von Nötigung, Bedrohung, Schutzgelderpressung und/oder Schikane (neu). Dabei ist die Bedeutung solcher unbestimmten Rechtsbegriffe klärungsbedürftig. Eintragungspflichtig werden ausländische Gesellschaften bei Immobilienerwerb in Deutschland.
- Das Europäische Transparenzregister wird zur Vernetzung der nationalen Transparenzregister eingeführt (bis 2021); generell wird die Zusammenarbeit von Aufsichts-, Strafverfolgungsbehörden und Transparenzregistern verstärkt. Hierzu gehört auch, dass Aufsichtsbehörden verpflichtet sind, bei Anhaltspunkten für Straftaten ihren Verdacht unverzüglich zu melden.
- Die Stärkung des Präventivsystems ist fortentwickelt worden. Zu Beginn der Geschäftsbeziehung ist zukünftig bei juristischen Personen des Privatrechts, eingetragenen Personengesellschaften sowie Trusts entweder der Nachweis einzuholen, dass diese den Mitteilungspflichten an das Transparenzregister nachgekommen sind, oder es müssen über eine Abfrage beim Transparenzregister die dort mitgeteilten Daten überprüft werden. Stellen Verpflichtete Unstimmigkeiten zum wirtschaftlich Berechtigten fest, z. B. zwischen Handelsregister/anderen Informationen und dem Transparenzregister, so müssen sie dies künftig gemäß § 23a GwG-neu der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) melden. Unterbleibt die Meldung, riskiert der Verpflichtete ein Bußgeld (§ 56 Abs. 1 Nr. 59 GwG-neu).
Zusammenfassend stellen die Änderungen eine konsequente Fortführung des Ziels dar, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen. Dies hat für die Verpflichteten zur Folge, erweiterten Dokumentationspflichten nachzukommen und intern den Änderungsbedarf hinsichtlich Risikoanalyse und Sicherungsmaßnahmen zu klären. Neben Erleichterungen durch Klarstellungen und neue Definitionen entstehen aber auch neue Unsicherheiten, z. B. durch die Einführung unbestimmter Rechtsbegriffe wie ‚Opfer von Schikane‘.
Wichtige Neuerungen durch die erste Nationale Risikoanalyse (NRA):
Neben GwG, ESA-Guidelines und AuA der BaFin ist seit dem 21. Oktober 2019 die erste Nationale Risikoanalyse (NRA) des Bundesfinanzministeriums zu beachten. Die NRA umfasst eingehende Analysen der Bedrohungslagen in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Sie ist unter Beteiligung der Strafverfolgungs-, Zoll- und Finanzbehörden, der Versicherungs- und Finanzwirtschaft, der beratenden Berufe und branchenspezifischen Verbände entstanden. Die NRA stellt auch die Zusammenarbeit und Verfahrensabläufe der Behörden, Justiz, FIUs und anderen nationalen/internationalen Stellen detailliert dar. Ebenso zeigt sie Entwicklungs- und Verbesserungsbedarf für die Gesetzgebung, Verfahren und Berichte auf.
Der allgemeinen Darstellung von Risiken im Bereich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, der Straftatbestände an sich und deren Vortaten (Teil 2) folgt die Analyse der Bedrohungs- und Risikolage (Teil 3) bezüglich Geldwäsche, die je nach Vortaten und Land zwischen mittel, mittelhoch und hoch, also auf den Stufen 3 bis 5 von 5 möglichen Stufen, angesiedelt wird. Grund hierfür ist die Attraktivität Deutschlands mit seinen stabilen Verhältnissen sowie der Bargeld-Affinität. Inkriminierende Vortaten sind insbesondere Menschenhandel, Drogengeschäfte, Steuerhinterziehung und Produktpiraterie mit ihren OK-Strukturen (Organisierte Kriminalität). Letztere haben von 2016 bis 2018 die höchsten Steigerungsraten erfahren, weshalb Banken bei der Kreditvergabe ein Augenmerk auf die Identifizierung und den wirtschaftlich Berechtigten haben und die Geschäftsstrategie hinterfragen sollten.
Ebenso wird auf die Terrorismusfinanzierung und deren „Geschäftsmodelle“ sowie die von der EU als Hochrisikoländer eingestuften Nationen und deren organisierte Strukturen eingegangen. Hier ist insbesondere das unzulässige Hawala-Banking (als Verlagerung vom Korrespondenzbankenkonzept) und der Geldtransfer durch E-Geld-Agenten/Kuriere zu nennen.
Teil 4 der NRA betont die Bedrohungs- und Risikolage im Finanzsektor, der in 5 Bankengruppen eingeteilt wird (Großbanken, Zweigstellen/-niederlassungen ausländischer Banken, Regional- und Kreditbanken, Verbundinstitute, sonstige Kreditinstitute). Die Analyse der Bedrohungslage und Produktanfälligkeit erfolgt je nach Bankengruppe mit jeweils unterschiedlichem Ergebnis.
Statistisch gesehen wurden nach den Vor-Ort-Prüfungen der BaFin bei jeder Bank durchschnittlich 1,5 informelle Maßnahmen (Aufsichtsgespräch, Beanstandungsschreiben) und bei jeder 6. Bank formelle Maßnahmen ergriffen. Vor-Ort-Prüfungen sollen grundsätzlich ausgeweitet und die Berichtspflichten nach der PrüfV für Versicherungen angepasst werden; darüber hinaus ist es vorgesehen, dass im Jahr 2020 für den Wertpapiersektor Auslegung- und Anwednungshinweise nach § 51 Abs. 8 erarbeitet werden. Da ebenso die Prüfungsberichte-Verordnung hinsichtlich geldwäscherelevanter Punkte im Rahmen des neuen GwG verschärft wurde und detaillierte Darstellungen in Bezug auf Risiko-Analyse, Produkte und Kunden verlangt, sollte der Themenbereich ernst genommen werden.
Handlungsbedarf:
- Änderungsbedarf der Risikoanalyse ermitteln und diese den neuen Vorgaben anpassen – unter Berücksichtigung der Liste mit Hochrisikoländern, der NRA und der verstärkten Sorgfaltspflichten
- Anpassung der internen Sicherungsmaßnahmen aufgrund der zu ändernden Risikoanalyse
- Anpassung der Identifizierungsprozesse im Kundengeschäft und Schulung der Mitarbeiter
- Anpassung von Prüfprozessen der Internen Revision sowie von Prozessen der Zentralen Stelle