Hintergrund:
Am 27. Mai 2020 hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) die Neufassung des IDW Prüfungsstandards zur Prüfung von Risikofrüherkennungssystemen (IDW PS 340 n. F.) verabschiedet. Ziel des Prüfungsstandards ist es, die Geeignetheit von Maßnahmen des Vorstands gemäß § 91 Abs. 2 AktG in Bezug auf die Einrichtung eines Überwachungssystems zu überprüfen, damit Entwicklungen, die den Fortbestand der Gesellschaft gefährden, frühzeitig erkannt werden können (Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystem). Dabei berücksichtigt die Neufassung insbesondere die inzwischen fortentwickelte Unternehmenspraxis hinsichtlich der Einrichtung und Prüfung von Corporate-Governance-Systemen.
Wesentliche Neuerungen des IDW PS 340 n. F.:
Unter Berücksichtigung der Prüfungsstandards zur Einrichtung und Prüfung von Risikomanagement- und Compliance-Management-Systemen (IDW PS 981 und IDW PS 980) konkretisiert der IDW PS 340 n. F. die Grundelemente des Risikofrüherkennungsystems eines Unternehmens. Zudem werden die Pflichten des Unternehmens in Bezug auf die Risikotragfähigkeit sowie die Risikoaggregation stärker betont.
Darüber hinaus wird die Ausgestaltung der Maßnahmen gemäß § 91 Abs. 2 AktG bei Konzernen klargestellt. Im Rahmen der Bewertung von „Netto-Risiken“ werden die Maßnahmen zur Risikosteuerung konkretisiert. Dabei wird die Risikosteuerung insgesamt als künftig verpflichtendes Grundelement eines Risikofrüherkennungssystems eingeführt. In Anbetracht der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung verdeutlicht der IDW PS 340 n. F. außerdem die Dokumentationspflichten eines Unternehmens.
Ferner stellt die Neufassung klar und betont, dass die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems nach § 317 Abs. 4 HGB durch den Abschlusspürfer unter Berücksichtigung der im Rahmen einer Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts gewonnenen Erkenntnisse zu erfolgen hat. Die Anforderungen an die Berichterstattung durch den Abschlussprüfer haben sich im IDW PS 340 n. F. zudem dahingehend geändert, dass künftig bei festgestellten Mängeln eine weiterführende Berichterstattung zu erfolgen hat und nun auch ergänzende Anforderungen in Bezug auf eine möglicherweise erforderliche Einschränkung oder Versagung der Erklärung zu berücksichtigen sind.
Ausblick:
Anzuwenden ist die Neufassung des Prüfungsstandards erstmals bei Abschlussprüfungen, die nach dem 31. Dezember 2020 stattfinden.
Auch wenn die Prüfung des Risikofrüherkennungssystems gemäß § 317 Abs. 4 HGB unmittelbar nur für börsennotierte Aktiengesellschaften verpflichtend ist, kann der IDW PS 340 n. F. auch für andere Unternehmen als möglicher Referenzrahmen relevant sein und somit eine Überprüfung des Risikofrüherkennungssystems auf Aktualität und Angemessenheit erforderlich machen.
Handlungsbedarf:
- Überprüfung des bestehenden Risikofrühererkennungsystems auf Aktualität und Angemessenheit, insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an die Risikotragfähigkeit und die Risikoaggregation, die Verfahren zur Risikosteuerung und die erweiterten Dokumentationspflichten
- Identifikation von Gaps und Anpassungsbedarf
- Vorbereitung und Einleitung von Anpassungsmaßnahmen