In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte der Kläger 1.000 Xetra‐ Gold‐Inhaberschuldverschreibungen zu einem Preis von insgesamt ca. 33.500 EUR erworben. Bei diesen Inhaberschuldverschreibungen handelt es sich um ein unbefristetes und börsenfähiges Wertpapier ohne Nennwert. Jede Teilschuldverschreibung von Xetra‐ Gold gewährt dem Inhaber das Recht auf Auslieferung eines Gramms Gold. Dieses Recht kann jederzeit gegenüber der Hausbank geltend gemacht werden. Die Lieferfrist beträgt zehn Tage. Daneben besteht für den Inhaber die Möglichkeit, die Wertpapiere an der Börse zu veräußern.
Im entschiedenen Fall erwarb der Kläger die Schuldverschreibungen im Februar und ließ sich die 1.000 Gramm im November desselben Jahres physisch ausliefern. Zu diesem Zeitpunkt war der Wert auf ca. 40.700 EUR gestiegen. Fraglich war hierbei, inwieweit diese Wertsteigerung der Besteuerung zu unterwerfen ist.
Der BFH hatte in einem ähnlich gelagerten Fall bereits am 12. Mai 2015 entschieden, dass ein Gewinn, der durch die Einlösung einer börsengehandelten Inhaberschuldverschreibung (Erfüllung des Lieferanspruchs auf Gold) entsteht, nicht zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) führt.
In dem aktuellen Fall berücksichtigte das Finanzamt diese Rechtsprechung zwar, allerdings sah es die Merkmale von privaten Veräußerungsgeschäften (§ 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 EStG) als erfüllt an und unterwarf den Gewinn dementsprechend voll der Besteuerung.
Der hiergegen erhobenen Klage des Steuerpflichtigen gab das Schleswig‐Holsteinische Finanzgericht statt. Der BFH folgte mit seiner Entscheidung vom 6. Februar 2018 der Vorinstanz. Er führt dazu aus, dass ein privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern vorliegt, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Unter Veräußerung sei hierbei eine entgeltliche Übertragung eines angeschaffen Wirtschaftsguts zu verstehen. An einem entgeltlichen Vorgang fehle es allerdings, wenn ein Gläubiger einer Xetra‐ Gold‐Inhaberschuldverschreibung lediglich seinen verbrieften Anspruch auf Lieferung des Golds einlöst und gegen Rückgabe der Inhaberschuldverschreibung sein Gold in physischer Form empfängt. Dieser erhalte dadurch nicht mehr, als es seinem Sachleistungsanspruch entspreche. Mangels Realisierung der Werterhöhung sei der Zweck des § 23 EStG, innerhalb der Haltefrist von einem Jahr realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen, in solchen Fällen nicht erfüllt. Der Erwerber trage auch nach der Lieferung des Golds das Risiko eines fallenden Goldpreises.
Zusammenfassung und Hinweise
- Die Einlösung von Inhaberschuldverschreibungen durch Lieferung von physischem Gold stellt keine Veräußerung dar und ist damit nicht steuerbar.
- Die tatsächliche Veräußerung des gelieferten Golds kann im Falle eines erzielten Gewinns einkommensteuerrechtlich lediglich zu einem privaten Veräußerungsgeschäft führen. Voraussetzung dafür ist, dass der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.
- Wird physisches Gold länger als ein Jahr im Privatvermögen gehalten, sind die daraus erzielten Gewinne bei einer Veräußerung vollständig steuerfrei. Damit ist allerdings der kleine Nachteil verbunden, dass realisierte Verluste ebenfalls steuerlich unberücksichtigt bleiben.
- Bei im Privatvermögen gehaltenen Immobilien beträgt die Frist für ein privates Veräußerungsgeschäft zehn Jahre (Ausnahme Eigennutzung).