BCBS 424 – Neues Basel-IV-Reformpaket

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Hintergrund:

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat am 7. Dezember 2017 sein finales BCBS-Papier 424 zum „Abschluss der Basel-III-Reformen” veröffentlicht. Aufgrund der umfassenden und weitreichenden Änderungen, wird in Bankenkreisen auch von „Basel IV” gesprochen.Einige der bisherigen finalen BCBS-Standards wurden bereits in einem von der EU-Kommission vorgelegten Entwurf für ein CRD-V- und CRR-II-Paket vom 23. November 2016 berücksichtigt. Der BCBS 424 komplettiert damit das Basel-IV-Reformpaket in verschiedenen Bereichen. Der Baseler Ausschuss empfiehlt den europäischen Aufsichtsbehörden, die nachfolgenden Regelungen ab 1. Januar 2022 stufenweise bis 2027 einzuführen.


Überblick der Neuregelungen

  • Kreditrisikostandardansatz (KSA)
    Im Kreditrisikostandardansatz führen die Neuregelungen zu einer deutlich höheren Risikosensitivität. Dies resultiert u. a. aus einer verbesserten Segmentierung der Forderungsklassen, wie z. B. durch Einführung neuer Unterforderungsklassen für klein- und mittelständische Unternehmen sowie Spezialfinanzierungen. Außerdem muss das Risikogewicht für die Forderungsklasse Banken neben den externen Ratings künftig zusätzlich aus einer detaillierten Kreditwürdigkeitsanalyse abgleitet werden. Des Weiteren führt der BCBS 424 neue Risikogewichtungen für ungeratete Banken ein. Die größten Änderungen ergeben sich jedoch in der Forderungsklasse Nachrang- und Beteiligungspositionen sowie für den Bereich der Immobilienfinanzierungen. Deren Risikogewichtung wird zukünftig neben der Art der Immobilie und der Produktart insbesondere auch vom Grad der Besicherung (Loan-to-Value-Ratio) abhängen. Insgesamt wurden die neuen Regelungen im Vergleich zu den bisherigen Konsultationspapieren für den KSA aber deutlich entschärft.
  • Auf internen Ratings basierende Ansätze (IRBA)
    Aus den Änderungen am IRBA werden die voraussichtlich größten Auswirkungen auf die risikogewichteten Aktiva (RWA) der Banken resultieren. So darf zukünftig für Beteiligungspositionen nur noch der Standardansatz und für die Forderungsklassen Banken sowie für mittlere und große Unternehmen mit einem Umsatz über 500 Mio. EUR nur noch der Basis-IRBA angewendet werden. Bisherige Anwender des fortgeschrittenen Ansatzes werden im Zuge dieser Einschränkung mit einer deutlichen RWA-Erhöhung rechnen müssen. Außerdem sieht der neue BCBS 424 wesentliche Änderungen der einzelnen Risikoparameter des IRBA vor. So sind für die Ausfallwahrscheinlichkeit (PD), die Verlustquote bei Ausfall (LGD) sowie den Kreditkonversationsfaktor (CCF) künftig bestimmte Mindestwerte, sogenannte „Input Floors“, zu berücksichtigen.
  • Capital Floors
    Ein zentrales Element und wesentliche Herausforderung des BCBS 424 stellt neben den „Input Floors“ im IRBA die Einführung eines sogenannten „Output Floors“ dar. Danach sollen die mit internen Modellen berechneten RWA nicht unter einer Mindestgrenze der Ergebnisse des standardisierten Ansatzes liegen. Die Untergrenze soll gemäß den Baseler Empfehlungen ab 2022 bei 50 Prozent der Ergebnisse des KSA-Ansatzes beginnen und stufenweise bis zum endgültigen Wert von 72,5 Prozent in 2027 erhöht werden. Insgesamt wird die Einführung des Capital Floors dazu führen, dass künftig auch alle IRBA-Institute die RWA parallel nach den Standardansätzen berechnen müssen.
  • Operationelle Risiken
    Im Bereich der operationellen Risiken wird im BCBS 424 die Zusammenführung der drei bestehenden Standardansätze zu einem neuen und für alle Banken einheitlichen Standardansatz konsultiert. Interne Modelle dürfen künftig nicht mehr verwendet werden. Der neue Standardansatz basiert auf dem Grundprinzip eines Geschäftsindikators (Business Indicator/BI). Dieser wird kategorisiert zu einer Geschäftsindikator-Komponente (Business Indicator Component/BIC). Der BIC wird schließlich mit einem Verlust-Skalierungsfaktor (Internal Loss Multiplier/ILM) multipliziert, dem Quotient aus den durchschnittlichen historischen Verlusten und dem BIC. Für Banken bestimmter BI ergeben sich außerdem Erleichterungen bei der Ermittlung der Eigenkapitalanforderung.
  • Credit Valuation Adjustment (CVA)
    Mit der Überarbeitung der CVA-Vorgaben im BCBS 424 dürfen für die Ermittlung der CVA-Charge künftig nur noch der Standardansatz (SA-CVA) und der Basisansatz (BA-CVA) herangezogen werden. Der Interne-Modelle-Ansatz (IMA-CVA) wird damit unzulässig. Die festgelegten Risikogewichte sowie die Anpassung des sogenannten Beta-Faktors führen zu einer deutlichen Reduzierung der Kapitalanforderung gegenüber den vorausgegangenen Konsultationen. Des Weiteren basiert der neue CVA-Rahmen auf dem Proportionalitätsgedanken. So ermöglicht die Einführung einer Materialitätsschwelle eine vereinfachte Festlegung der regulatorischen CVA-Kapitalanforderung für Banken mit nicht-signifikanten Derivate-Portfolien.
  • Leverage Ratio (LR)
    Mit dem BCBS 424 wurden schließlich auch die Vorgaben für die LR konkretisiert. Diese soll mindestens 3 Prozent betragen. Für die LR sind derivative Exposures künftig durch den Standardansatz für Counterparty-Credit-Risk (SA-CCR) zu berechnen. Des Weiteren wird ein LR-Puffer für global systemrelevante Banken (G-SIBs) eingeführt, der mindestens 50 Prozent des risikogewichteten Kapitalpuffers einer G-SIB betragen soll.

Die Regelungen des BCBS 424 werden im Rahmen eines neuen CRR-II-CRD-V-Entwurfs zukünftig berücksichtigt werden. Die nachfolgenden finalen BCBS-Papiere wurden bereits im ersten CRR-II-CRD-V-Entwurf aufgenommen und bilden zusammen mit dem BCBS 424 das neue Basel-IV-Reformpaket:

  • Standardansatz für Counterparty-Credit-Risk (SA-CCR) (BCBS 279)
  • Verbriefungen (BCBS 374) und Beteiligungen an Investmentfonds (BCBS 266)
  • Fundamental Review of the Trading Book (FRTB) (BCBS 352)
  • Step-in-Risk (BCBS 423) und Interest Rate Risk in the Banking Book (IRRBB) (BCBS 368)
  • Offenlegung (BCBS 400)
  • NSFR (BCBS 295), Großkredite (BCBS 283) und Total Loss Absorbing Capacity (TLAC) (BCBS 387)
  • Minimum Requirement for Own Funds and Eligible Liabilities (MREL) (BRRD)


Handlungsbedarf

  • Wir empfehlen bereits frühzeitig die möglichen institutsindividuellen Auswirkungen auf die Geschäfts- und Risikostrategien zu analysieren und auf dieser Basis strategische Maßnahmen abzuleiten.
  • Aufgrund der steigenden Komplexität und teilweise umfangreichen Änderungen der überarbeiteten Ansätze werden umfassende Implementierungsprojekte unvermeidbar.
  • Umfangreiche und detaillierte Erweiterungen sind auch bei der Sicherstellung der Datenbasis erforderlich, wie z. B. für die zusätzlich erforderlichen Daten für Immobiliensicherheiten im neuen KSA.
Veröffentlicht in Allgemein, Wirtschaftsprüfung